DSJ-Hybridturnier U14: Platz 2 für Tarrasch

Das ist ein Erfolg, denn die Papierform sagte „Platz 3 von 4 Teams“ im Turnier ohne DWZ-Auswertung (mit DWZ-Auswertung waren es 12 Mannschaften aus 9 Vereinen). Das ist relativ wenig – im Januar spielten bei einem U12-Turnier noch 92 Teams. Offenbar wollen viele wieder Schach am Brett, und „hybrid“ ist doch kein ausreichender Ersatz dafür. Im DWZ-ausgewerteten Turnier wie geplant 5 Runden Schweizer System, bei uns dann ein Rundenturnier.

Was ist eigentlich „hybrid“? Im Internet, aber gemeinsam an einem Ort – wie auch die Gegner an einem anderen Ort. Immerhin gibt es so auch die Möglichkeit für einen – wie eine Hamburger Schachseite gerne sagt – „big pictorial report“, gleich das erste Foto:

Vorne mein eigener Laptop – ich kann unter Einhaltung von 1,50m Abstand kibitzen! Abstand zu den Gegnern war je knapp 400km nach Weimar und Frankenthal, und gut 600km nach Schnathorst bei Bielefeld. Da kann das Corona-Virus noch 25-mal mutieren, das reicht auf jeden Fall. Und es hat seine Vorteile, so ein Turnier im Internet zu spielen. Nicht ganz klar war allerdings, ob das Internet im ASZ Untergiesing für derlei Zwecke ausreicht – war dann der Fall.

Auf diesem Foto auch sichtbar dass gelüftet wurde – auch auf der gegenüberliegenden Seite hinter der Kamera. Das war ja bei sommerlichen Temperaturen (siehe Kleidung der Spieler) und keinem Gewitter draußen kein Problem. Wenn man es weiß sieht man auch, dass wir bzw. das ASZ Untergiesing außerdem Luftreiniger haben – einer hinten rechts, der zweite vorne links neben dem Foto. Bei diesen Bedingungen empfand ich – siehe vor allem weitere Fotos – das Hygienekonzept des ASZ als ausreichend: Maskenpflicht sobald man sich im Gebäude bewegt um z.B. die Toilette aufzusuchen, aber nicht am Tisch.

Gespielt haben Alexander Rudolph, Samuel und Nathan van Melle sowie Erik Hakobyan. Nicht der bestmögliche DWZ-Schnitt, aber Siri, Aaron und Pierre hatten am selben Wochenende bayerisches Kadertraining, und Roman (der Jugendliche, nicht der Spieler von Tarrasch1) war ebenfalls verhindert. Die drei, die auf diesem Foto eine relative Nebenrolle spielen, werden noch individuell fotografiert.

Zunächst Erik – professionelle Vorbereitung von ihm bzw. Papa Aram: Bananen als Hirnnahrung, das machen auch Großmeister.

In der ersten Runde war Frankenthal an drei von vier Brettern nominell favorisiert, aber Tarrasch gewann 3-1. Beim Stand von 2-1 war entscheidend, dass Alexander voll konzentriert und auf der Höhe des Geschehens war:

Der kibitzende Vater konnte ihm schachlich wohl ohnehin nicht helfen, ich konnte es im Prinzip aber das mache ich nicht. Als einziger hatte Alexander – laut Ausschreibung erlaubt – auch ein dreidimensionales Schachbrett, ein mitgebrachtes eigenes und das hat zwei Vorteile: Es ist klein und passt so eher auf den Tisch als ein Turnierbrett, und Brett und Figuren müssen vor- und hinterher nicht desinfiziert werden.

Alexander fand die Züge, die ich auch gespielt hätte, der Frankenthaler Jugendleiter (ein FM) vielleicht auch, Stockfish jedenfalls auch [das habe ich erst nach der Partie überprüft]. Die entscheidende Partiephase:

Weiß am Zug steht optisch unter Druck, aber das ist ein bisschen optische Täuschung. Es kam 25.Kf1! (nur so und mit Remisangebot). Ich sagte Alexander „Remis reicht ja“, er „habe ich gerade angeboten“, ich „ja ich weiß“ – auch das sah ich auf meinem Monitor. Nach etwa 5 Minuten wurde das Remisangebot abgelehnt, nach 15 Minuten kam 25.-Df5? (wenn er kein Remis will, verliert er eben). Richtig war 25.-Db5, aus menschlicher Sicht jedenfalls unklar war 25.-Te4 26.f3 Th4 26.g3 Dxg3 27.Txd4 Dxh3+ usw. . Nun zwei weitere einzige weiße Züge: 26.Sf3! Txb2 27.g4! Db5 (nicht am besten oder zähesten aber nun ohnehin für Weiß gewonnen) 28.Sxd4 und wenig später 1-0.

Sogar 4-0 für Tarrasch war möglich, da Nathans Gegnerin eine klassische Variante im Italiener falsch behandelte: Schwarz darf da einen der geopferten Bauern nehmen, aber nicht beide. Das wusste ich, wobei ich mich generell allenfalls in Eröffnungen auskenne, die ich selbst spiele. Aber die Widerlegung hätte ich nicht selbst gefunden – Nathan kannte sie nicht und fand sie nicht und hatte daher doch das Nachsehen.

Nach der Runde dann Diskussionen zwischen Mannschaftsführern und Turnierleiter Harald Koppen: Wann soll die nächste Runde beginnen, und sollen wir doch alle drei Runden am Samstag spielen (Vorschlag von Schnathorst)? Das alles per Email, eine Videokonferenz hätte das lokale Internet in Untergiesing, und womöglich auch an den anderen Orten, eventuell überfordert. Ich habe innerhalb einer halben Stunde 9 Emails erhalten und zwei geschrieben, dann war klar: doch nur zwei Runden am Samstag. Nicht ganz klar war, wann die nächste Runde beginnt – um 12:30 laut Ausschreibung oder doch um 12:00? Es wurde 12:00, Erik war noch draußen unterwegs und machte seine ersten Züge auf dem Tablet auf der Straße (wahrscheinlich hätte die Turnierleitung dabei erst um 12:30 die Uhr angestellt).

Zu den beiden weiteren Runden eher kurz: Weimar war halt besser, immerhin ein halber Brettpunkt – Samuels Gegner akzeptierte ein Remisangebot nach 21 Zügen in bereits recht verflachter Stellung. Das Team aus Thüringen gewann die beideren anderen Matches jeweils 4-0.

Tags darauf lernte ich wieder etwas: Sonntag am frühen Morgen (vor 8:30) geht die U-Bahn nur alle 20 Minuten, zu meiner Überraschung stand auf dem Monitor am Bahnsteig Quiddestraße „U5 in 18 Minuten“. Offenbar war ich zuvor sonntags noch nie so früh unterwegs, bzw. musste jedenfalls nie so lange warten. Dennoch war ich rechtzeitig im ASZ, die Spieler auch.

Und dann ging es gegen Schnathorst schnell:

1.e4! von Nathan war bereits der Gewinnzug, z.B. 1.Sh3 hätte auch gereicht da der Gegner nicht kam. Da dies bekannt war hat Turnierleiterin Kristin Wodzinski dankenswerterweise 1-0 eingetragen, bevor es durch Zeitüberschreitung nach einer Stunde offiziell wurde. Diskussionen dazu nun im Chat zur Partie auf Lichess. Nathan war enttäuscht – nach zwei Niederlagen tags zuvor wollte er gewinnen, aber nicht so. Samuel hatte bereits gewonnen, Erik hatte in klar besserer Stellung (zwei Mehrfiguren) aus Versehen ein freches gegnerisches Remisangebot akzeptiert. Das waren damit 2,5 Punkte, ein halber von Alexander kam noch dazu.

Was war das Ganze? Auf jeden Fall eine Spielgelegenheit mit mittlerweile ungewohnter langer Bedenkzeit (60 Minuten plus 30 Sekunden pro Zug) – dass das kaum ausgeschöpft wurde ist ein anderes Thema, es ist eben nun ungewohnt. Vielleicht auch ein Beitrag zum guten Ruf von Tarrasch in München und darüber hinaus – wir hatten eine Mannschaft, viele andere Vereine hatten keine.

Demnächst soll auch am Brett wieder gespielt werden, wobei Details noch unklar sind – Spieler die es betrifft sind bereits informiert und es gilt „nähere Infos sobald ich sie selbst habe“.